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Futterkräuter im Wirtschaftsgrünland

von DI Lukas Gaier, Reinhard Huber, Dr. Walter Starz, HBLFA Raumberg Gumpenstein

Ein leistungsfähiger und dem Standort angepasster Dauergrünlandbestand ist eine der zentralen Grundlagen für eine nachhaltige und
wirtschaftlich erfolgreiche tierische Produktion. Die Basis dafür bildet eine dichte Grasnarbe mit einem möglichst geringen Anteil an
offenem und somit unproduktivem Boden. Für das Erreichen stabiler, hoher Erträge mit guter Futterqualität ist ein ausgewogenes Verhältnis der Artengruppen (Gräser, Leguminosen und Kräuter) unerlässlich.

Durch klimatische Veränderungen mit längeren Dürreperioden geraten die Grünlandbestände zunehmend unter Druck. Um die Bestände auch in Zukunft ertragsfähig zu halten, ist neben der Verwendung von hochqualitativen Saatgutmischungen mit trockenheitstoleranten Arten auch eine mögliche Erweiterung des eingesetzten Artenspektrums anzudenken. Kräuter wurden bis dato in Saatgutmischungen für das Wirtschaftsgrünland in Mitteleuropa nicht, oder nur in sehr geringem Ausmaß, berücksichtigt. In Zukunft könnte es allerdings sinnvoll sein, aufgrund ihrer teilweise stark ausgeprägten Trockenheitstoleranz ein verstärktes Augenmerk auf sie zu legen. Hierbei könnte unter anderem der Gemeinen Wegwarte (Cichorium intybus L.), auch Zichorie genannt, und dem Spitzwegerich (Plantago lanceolata) eine höhere Bedeutung zukommen. Zuchtsorten dieser Arten unterscheiden sich von den Wildformen durch eine wesentlich höhere Ertragsfähigkeit. Auch verfügen sie über ein ausgedehntes Wurzelsystem, das ihnen ermöglicht auch bei trockenen Bedingungen auf Wasser- und Nährstoffvorräte der tieferen Bodenschichten zurückzugreifen. Zusätzlich dazu enthalten sie einen hohen Anteil an kondensierten Tanninen. Diese bilden gemeinsam mit Proteinen im Pansen der Wiederkäuer Komplexe, welche pansenstabil sind und erst im Labmagen verdaut werden. Dadurch werden die Ammoniakverluste über den Harn verringert und die Stickstoffnutzungseffizienz erhöht(Min et al.,2003). Zusätzlich helfen Tannine vor allem in der Weidenutzung die Widerstandskraft der Weidetiere gegen Endoparasiten zu stärkenund diese auch aktiv zu bekämpfen (Podstatzky, 2009; Zikeli et al., 2016). Veröffentlichte Ergebnisse aus Neuseeland zeigten positive Effekte auf die Ausdauer und die Verunkrautung von intensiv genutzten Weiden durch den Einsatz der Wegwarte und des Spitzwegerichs (Tozer et al., 2016). Derzeit laufen auch in Europa verschiedene Studien (Boland et al., 2022; Golińska et al., 2022) zu deren Einsatz. Auch an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein wird derzeit in mehreren Versuchen der Einsatz von Kräutern in Grünlandmischungen für Wiesen und Weiden untersucht, welche nachfolgend kurz vorgestellt werden.


Versuch 1: Kräuterzusätze in Vierschnittwiesen

In einem Versuch zur Schnittnutzung wurden an vier Standorten in Österreich die Auswirkungen von Kräuterzusätzen auf die Ausdauer der Pflanzenbestände unter viermaliger Nutzung, sowie auf Biomasseentwicklung und Futterqualität untersucht. Die Ausgangsmischungen für den Versuch bildeten die ÖAG Luzerne-Rotkleegrasmischung (LR), sowie die ÖAG Dauerwiesenmischung für
intensive Bewirtschaftung (VS). Diese Mischungen wurden im Herbst 2022 sowohl unverändert als auch mit Zusatz von drei, sechs und neun Prozent Kräuteranteil angesät. Der Anteil der Kräuter setzt sich jeweils zur Hälfte aus Spitzwegerich und Zichorie zusammen. Die ersten Ergebnisse aus den Versuchen sind voraussichtlich am Ende der heurigen Vegetationsperiode verfügbar.


Versuch 2: Kräuterzusätze in Schafweiden
In einem Weideversuch werden die Auswirkungen von mit tanninreichen Kräutern angereicherten Weidemischungen auf den Parasitenbefall von Schafen in unterschiedlichen Weidemanagementsystemen untersucht. Die Versuchsmischung setzt sich aus 45 % Gräsern, 35 % Leguminosen und 20 % Kräutern zusammen. Als Vergleichsfläche wurde eine Weidefläche mit der der ÖAG Kurzrasenmischung (KWEI) eingesät. Die Schafe beweiden die Fläche mit der KWEI Mischung einerseits als Kurzrasenweide mit einer durchschnittlichen Futterhöhe von ca. 8 cm und als Top-Grazing Variante. Für die Versuchsmischung wurde nur die Variante Top-Grazing gewählt. Top-Grazing beginnt mit einer Aufwuchshöhe von 35 cm, dabei soll nach der Beweidung noch eine Rest-Futterhöhe von mindestens 10 cm vorhanden sein. Ziel ist, durch den höheren Pflanzenbestand zum Weideende den Parasitenbefall geringer zu halten als auf einer Kurzrasenweide. Zu Versuchsbeginn kommen die Schafe von einer Standweide (Umstellung auf Grünfutter)
mit Parasitenbelastung auf die Versuchsflächen, welche wöchentlich anhand der Eiausscheidung im Kot kontrolliert werden. Im ersten
Versuchsjahr führte die Versuchsmischung mit Kräuterzusatz zu keiner Reduktion der Parasiten gegenüber der Vergleichsgruppen.
Dies kann durch die zu lange Weidedauer, und die damit verbundenen niedrige Restaufwuchshöhe auf den Parzellen erklärt werden.
Im zweiten Jahr werden die Koppeln der Top- Grazing Variante nur noch zwei Tage beweidet. Für die Bestimmung der Futteraufnahme undder Ei-Ausscheidung wird von sechs Schafen über 24 Stunden der Kot gesammelt, die Trockenmasse bestimmt und eine Probe für die Ei-Auszählung genommen. Ob sich die kürzere Beweidungsdauer positiver auf die Verminderung des Parasitenbefalls auswirkt wird sich am Ende der Weide Saison zeigen.


Versuch 3: Ackerweide in der biologischen Landwirtschaft
Im Rahmen eines EIP-Projektes in Kooperation mit Bio Austria und Bio-Betrieben wurden mit Kräutern angereicherte Mischungen auf
Ackerflächen im Marchfeld und im Mühlviertel angebaut. Ziel des Projekts ist es aufgrund der veränderten Bio-Vorgaben auf Ackerflächen Pflanzengesellschaften zu etablieren, die weidefähig sind und als Teil der Fruchtfolge eingesetzt werden können. Im Rahmen der Versuche zeigte sich, dass die Zichorie sich besser als der Spitzwegerich im Bestand etablieren und zu einem höheren Ertrag, gerade in extrem trockenen Regionen in Ostösterreich, führen kann. Da dieses Kraut auch über einen hohen Stängelanteil verfügt, gilt es abzuwarten welchen Einfluss dieser auf die Futterqualität hat. Die Ergebnisse aus den laufenden Versuchen sind aktuell noch ausständig.
Literaturquellen beim Erstautor erhältlich.